Die Bindella-Dynastie - Meister der Italianità
In der Welt des Weins und der Gastronomie ist der Name Bindella gleichbedeutend mit Italianità – jener unverwechselbaren italienischen Lebensart, die sich durch Genuss, Leidenschaft und eine unverkennbare Leichtigkeit auszeichnet. Seit über einem Jahrhundert prägt diese Familie die kulinarische Landschaft der Deutschschweiz, indem sie die Aromen und Traditionen Italiens auf einzigartige Weise zelebriert. Doch hinter diesem Erfolg verbirgt sich eine faszinierende Geschichte, die von Pioniergeist, Unternehmertum und einer tiefen Verbundenheit mit der Heimat erzählt.
Die Wurzeln: Von Tessin nach Zürich
Die Ursprünge der Bindella-Dynastie reichen zurück ins Jahr 1909, als Jean Bindella, ein Sohn italienischer Einwanderer mit spanischen Wurzeln, den ersten Chianti-Import in die Schweiz aufzog. Geboren und aufgewachsen im Tessin, wo sich die Schweiz und das südliche Nachbarland Italien umarmen, erkannte er früh das Potenzial der italienischen Weinkultur. Seine Vision war es, die Aromen der Toskana in die Deutschschweiz zu bringen und den Geschmack der Heimwehkranken italienischen Einwanderer zu treffen.
Von der Pizza zur Italianità
Jahrzehnte später, im Jahr 1965, eröffnete Rudolf Bindella, Jeans Enkel, die erste Pizzeria mit Holzofen in Zürich – das Ur-"Santa Lucia" an der Gessnerallee 5. Dieser Schritt markierte den Beginn einer kulinarischen Revolution, die die italienische Küche aus ihrem Exotenstatus befreite und sie in der Deutschschweiz heimisch machte. Die knusprigen Teigfladen, die die NZZ damals als "südländisches Pendant unserer einheimischen Wähen" beschrieb, eroberten die Herzen der Zürcher.
Der Aufstieg eines Imperiums
Unter der Führung von Rudi Bindella senior, der 1982 die Zügel des Familienunternehmens übernahm, wuchs das Imperium stetig. Heute umfasst es 45 Gastbetriebe von Schaffhausen bis Freiburg, eine Weinhandlung, ein Gipser- und Malergeschäft sowie ein Portfolio an Immobilien an besten Lagen. Mit einem Jahresumsatz, der fünfmal höher ist als zu Beginn seiner Amtszeit, avancierte die Bindella Terra Vite Vita SA zur grössten familiengeführten Gastrofirma des Landes.
Die Philosophie: Menschlichkeit als Schlüssel zum Erfolg
Doch was ist das Geheimnis hinter diesem beeindruckenden Erfolg? Rudi Bindella senior sieht die Antwort in der Menschlichkeit, die er als zentrale Eigenschaft guter Unternehmer ansieht. Sein Credo, dass Arbeitgeber eigentlich Arbeitnehmer heissen müssten, da es nicht selbstverständlich sei, dass Angestellte sich in ihren Dienst stellten, spiegelt diese Philosophie wider. Durch regelmässige Besuche und persönliche Schulungen fördert er eine Firmenkultur, in der sich viele Mitarbeiter wie eine grosse Familie fühlen – bereit, für das Unternehmen durchs Feuer zu gehen.
Die nächste Generation: Kontinuität und Innovation
Im April 2023 vollzog sich der nächste Generationenwechsel, als Rudi Bindella senior mit 75 Jahren die Firmenführung an seinen ältesten Sohn, Rudi Bindella junior, übergab. Dieser hatte bereits seit fünf Jahren alle Bereiche bis auf den Weinhandel verantwortet und bringt nun mit Konzepten wie dem "Più" frischen Wind in das Unternehmen. Doch trotz aller Innovationen bleibt die Familie ihren Wurzeln treu, indem sie die Tradition der Italianità hochhält und ständig neue Facetten dieser faszinierenden Lebensart entdeckt.
Die Weinhandlung: Botschafter der Toskana
Ein Kernstück des Bindella-Imperiums ist die Weinhandlung, die seit Jahrzehnten als Botschafterin der toskanischen Weinkultur in der Schweiz fungiert. Marken wie Tignanello, Solaia, Sassicaia und Ornellaia sind wahre Bluechips, die eine permanente Zugkraft auf den Schweizer Markt ausüben. Doch die Bindella-Philosophie geht über reine Kommerzialisierung hinaus – es ist eine Hommage an die Leidenschaft und Handwerkskunst der italienischen Winzer, deren Arbeit sie mit Respekt und Bewunderung zelebrieren.
Die Tenuta Vallocaia: Ein Stück Toskana in der Schweiz
Um diese Verbundenheit mit der italienischen Weinkultur noch weiter zu vertiefen, erwarb Rudi Bindella senior vor über 40 Jahren ein Stück Land in Montepulciano – die Tenuta Vallocaia. Was damals als bescheidener Weinberg begann, ist heute zu einem 175 Hektaren grossen Weingut herangewachsen, das nicht nur exquisite Weine hervorbringt, sondern auch als Besucherzentrum mit Bistro fungiert. Hier können Gäste die Essenz der Toskana hautnah erleben und die Leidenschaft der Bindella-Familie für die italienische Lebensart spüren.
Die Pizza: Ein Phänomen, das nie vergeht
Doch so sehr die Weine auch im Mittelpunkt stehen, bleibt die Pizza das kulinarische Aushängeschild der Bindella-Gruppe. Laut Rudi Bindella junior verkaufen seine 45 Restaurants zwischen 1,5 und 1,8 Millionen Pizzas pro Jahr – ein Beweis dafür, dass dieses Gericht nie an Anziehungskraft verliert. Mit innovativen Konzepten wie der knusprigen Klassiker-Pizza in den "Santa Lucia"-Restaurants und der luftig-weichen Pizza Napoletana in den "Più"-Lokalen beweist die Familie, dass die Pizza sich ständig neu erfinden und an den Zeitgeist anpassen kann.
Die Partnerschaft mit Antinori: Eine Symbiose der Tradition
Eine der engsten Verbindungen, die die Bindella-Gruppe pflegt, ist die zu der renommierten Weinerfamilie Antinori. Rudi Bindella junior wuchs praktisch mit den drei Töchtern von Piero Antinori auf, und diese Freundschaft manifestiert sich heute in einer fruchtbaren Zusammenarbeit. Sei es auf Messen, wo beide Familien gemeinsam Wein ausschenken, oder in den Bindella-Restaurants, die als Schaufenster für die Antinori-Weine dienen – diese Symbiose verkörpert die Essenz der italienischen Tradition und Gastfreundschaft.
Die Zukunft: Offene Italianità und neue Horizonte
Trotz der tiefen Verwurzelung in der italienischen Weinkultur bleibt die Bindella-Gruppe offen für neue Einflüsse und Kooperationen. Unter dem Motto "Offene Italianità" vertreiben sie auch Weine, die ihre italienischen Partnerkellereien in anderen Ländern produzieren, wie etwa den DVO, ein Joint Venture von Ornellaia und Dalla Valle aus dem Napa Valley. Diese Offenheit für Innovationen, gepaart mit dem Respekt vor Tradition, verspricht eine spannende Zukunft für das Unternehmen.
Die Herausforderungen: Fachkräftemangel und Margendruck
Doch wie jede Erfolgsgeschichte ist auch die der Bindella-Gruppe nicht frei von Herausforderungen. Der Fachkräftemangel in der Gastronomie, der sich durch die Pandemie noch verschärft hat, stellt das Unternehmen vor Probleme bei der Rekrutierung. Zudem übt der hohe Margendruck in der Branche einen ständigen Druck aus, dem man sich durch Konsolidierung und Synergien zwischen den Sparten Gastronomie und Weinhandel entgegenstemmt.
Die Weissweine Italiens: Ein unterschätzter Schatz
Während Italien für viele Geniesser noch immer ein Rotweinland ist, entdeckt Rudi Bindella junior zunehmend die Faszination der italienischen Weissweine. Von den Weinen des Hauses Terlan in Südtirol bis hin zu den Kreationen von Jermann – diese aufstrebende Szene verspricht, den Schweizer Markt mit neuen, spannenden Aromen zu bereichern und das Bild des italienischen Weins zu erweitern.
Resümee: La Vita è Bella
Am Ende bleibt die simple, aber wirkungsvolle Botschaft der Bindella-Familie: "La Vita è Bella" – das Leben ist schön. Hinter diesem Motto verbirgt sich eine Philosophie, die Genuss, Leidenschaft und die Freude am Augenblick zelebriert. Durch ihre unermüdliche Arbeit, ihren Pioniergeist und ihre Liebe zur italienischen Lebensart haben die Bindellas bewiesen, dass Italianità weit mehr als ein Trend ist – es ist ein Lebensgefühl, das Generationen überdauert und immer wieder neue Facetten offenbart.
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